Kletterrosen


Für uns Rosenfreunde sind die Kletterrosen sowohl in der Einordnung wie auch in der Pflege die schwierigste Rosengruppe. Das zeigen die immerwährenden Diskussionen. Dabei gibt es, sagen die Botaniker, gar keine Kletterrosen! Aus deren Sicht stimmt das sogar, denn Rosen können nicht klettern, wie z.B. Wilder Wein, Efeu oder Blauregen. Diese Kletterpflanzen können aus eigener Kraft aktiv an Bäumen, Gerüsten oder Wänden hochklettern. Sie winden sich um Halt gebende Bäume und Ähnliches und / oder haben kleine Haftwurzeln, mit denen sie sich sogar an glatten Flächen wie Hauswänden oder Felsen sehr fest halten können.
Das kann keine Rose. Aber bekanntlich „führen viele Wege nach Rom“. So entwickelten manche unserer Rosenarten eine andere wirkungsvolle Fertigkeit, um doch in die Höhe, zum lebensnotwendigen Licht, aus dem Baumschatten heraus zu kommen. Sie bilden Stacheln aus, oft in perfider Hakenform, mit denen sie sich überall festhaken können. Die jungen Triebe schieben sich in die Höhe und haken sich fest, wo immer sich Halt bietet.. So überwachsen sie auch sehr hohe Sträucher und Bäume. Auf der Insel Mainau stand eine schlanke Pappel, die sicher gut 20 m hoch von einer weißen Kletterrose eingehüllt war. Die Rose war ganz aus eigener Kraft so hoch „geklettert“. Da aber Rosen nicht klettern können, fanden die Botaniker für diese Art, in die Höhe zu wachsen, den Begriff „spreitzklimmen“. Wir Rosenfreunde reden aber weiterhin von Kletterrosen, nicht von Spreitzklimmerrosen.
Sehen wir uns die Wuchsart unserer „Kletterrosen“ näher an, entdecken wir schnell zwei stark verschiedene Wuchsformen. Die einen entwickeln dicke, stabile Stämme und wachsen unbehandelt zu teils riesigen Großsträuchern heran. In meinem Garten steht eine R. holodonta mit armdicken Stämmen und 5,5 m Höhe, daneben eine R. moyesii, nur wenig niedriger. Doch niemand kommt auf den Gedanken, diese imposanten Groß-Sträucher Kletterrosen zu nennen.
Andere „Kletter“rosenarten haben dünne, lianenartige Äste, die sie durch Sträucher und Bäume schieben, aber auch viele Meter am Boden ausbreiten können. Der typische Vertreter ist in Deutschland die R. arvensis, weiter südlich die R. sempervirens.
Zwischen diesen extremen Wuchsbeispielen gibt es unsere Kletterrosen in allen denkbaren Abstufungen. Ich weiß nicht, ob die englischen oder amerikanischen Rosenfreunde als erste auf den Gedanken kamen, hier Ordnung zu versuchen. Jedenfalls wurde für die dicktriebigen Sorten der Begriff Climber , Kletterer, und für die dünntriebigen die Bezeichnung Rambler, von to ramble = umherstreifen, eingeführt. Im Deutschen liest man manchmal die Bezeichnung Schlingrosen, die ich aber für unglücklich halte, denn die Rambler schlingen nicht wie etwa Lianen.
Durch die über hundertjährige Züchtungsarbeit wurden so viele Sorten geschaffen, die man nicht mehr eindeutig zuordnen kann, genau wie bei den heute sogenannten „Beetrosen“.
Als charakteristisches Merkmal der Climber, Kletterrosen, betrachte ich
die dicken, aufrechtwachsenden Triebe und die Dauerblüte. Sie sind im Grunde sehr hochwüchsige dauerblühende Strauchrosen, z. B. Sympathie, Golden Gate.
Das typische Merkmal der Rambler, Schlingrosen, sind die dünnen, biegsamen Triebe, die sich beliebig formieren lassen und das einmalige Blühen im Frühling, Beispiele: Lykkefund, Alexandre Girault oder Raubritter.
Wie erwähnt, sind die Übergänge sowohl im Wuchs, in der Triebstärke wie in der Blütezeit fließend. Der Rambler Direktor Benshoop blüht nach, die üppig dauerblühende Laguna hat recht biegsame Triebe,und mit Hetzels Super-Excelsa , Super Dorothy und neuerdings mit der gelben Christine Helene sowie Wänningers Kirschrose kamen eindeutig gut nachblühende Rambler in unsere Gärten. Alle diese stehen also nach obiger Definition zwischen Climbern und Ramblern! Und diese Beispiele könnten lange fortgeführt werden. Wenn Sie unseren Rosenfreunden einen Gefallen tun wollen, sollten Sie eine gute neue Klassifikation vorschlagen. Ich fürchte aber, die Züchter sind mit neuen Sorten schneller!
EK