Die Erde im Rosengarten


Es wird sehr viel geschrieben und erklärt über die richtige Pflanzung von Rosen, über optimalen Standort, Düngung, Sortenauswahl usw. Das ist gut so und sehr wichtig für das wunschgemäße Gelingen unserer Rosenträume. Aber ein nach meiner langen Erfahrung als Rosenfreund noch wichtigerer Aspekt kommt in der Rosenliteratur dabei etwas zu kurz. Das ist der Boden, in dem unsere Rosen, - wie auch alles andere - , auf Gedeih und Verderb wachsen müssen.
Sie können alle Anweisungen der üblichen Pflanzanleitungen akkurat beachten und trotzdem Misserfolge erleben, wenn die Erde, in die Sie pflanzen, nicht den Wünschen der Rose genügt. Jedem gärtnernden Menschen muss klar sein: die Grundlage für alles Pflanzenwachstum und damit das wichtigste Gut im Garten ist ein belebter, gesunder Gartenboden und der ist deshalb sehr pfleglich zu behandeln. Wissenschaftler behaupten, in einer Handvoll lebendiger Gartenerde leben mehr Organismen, als Menschen auf der Welt sind! Diese Organismen bereiten in ihrer bestens organisierten Zusammenarbeit die für die Pflanzen notwendigen Nährstoffe so auf, dass diese für die Pflanzenwurzeln aufnehmbar sind. Wie das im Einzelnen abläuft, müssen wir Hobbygärtner nicht wissen. Wir müssen aber alles unterlassen, was die Entwicklung vielfältigen Bodenlebens behindert und alles tun, was das Bodenleben fördert.
Beachten müssen wir unbedingt, dass dies nur in einem luftigen, unverdichteten und von Schadstoffen unbelasteten Boden störungsfrei geschehen kann. Die Bodenorganismen benötigen ausreichend Sauerstoff für ihre „Arbeit“. Deshalb die ständige Empfehlung, nasse Beete besonders im Frühjahr nicht zu betreten, z. B. beim Rosenschnitt, um den Boden nicht zu verdichten. Ich stimme auch der Empfehlung von John Scarman zu, der beim Pflanzen die Rosen nicht festtritt und nicht einschlämmt, um nicht die Erde im Pflanzloch durch Verdichtung luftarm zu machen. Verdichtung nur durch unser Körpergewicht halte ich aber für recht harmlos, besonders wenn diese im Herbst geschieht, denn sie reicht keinen Spatenstich tief und wird vom Winterfrost problemlos aufgelockert. Anders nach Frostende im Frühjahr, da bleibt bei bindigem Erdreich die Verdichtung bis zum nächsten Winter weitgehend bestehen, außer Sie lockern mühsam von Hand, wenn der Boden genau die richtige Feuchtigkeit hat, um krümelig zu zerfallen.
Eine viel schlimmere Verdichtung geschieht meist beim Hausbau und der Einebnung des Grundstücks, wenn viele Tonnen schwere Baumaschinen aller Art monatelang das Grundstück befahren und metertief betonhart verdichten. Darüber wird dann ein wenig „Humus“ geschoben. Der verdeckt das Übel darunter, ja verhindert leider sogar, dass strenger Frost tiefer in den Boden eindringen und lockern könnte. Diese Verdichtung wird nie mehr natürlicherweise beseitigt werden. Gerade unsere Rosen als Tiefwurzler haben später damit ein unlösbares Problem! Kranke, schwächliche Rosen sind die Folge.
Vor der Bepflanzung könnte maschinell noch ohne allzu großen Aufwand die Verdichtung aufgelockert werden, nach der Anlage und Bepflanzung des Gartens fast unmöglich.
Was ist so schlimm an der Verdichtung?
Die Wurzeln tiefwurzelnder Pflanzen können nicht in die verdichtete Schicht eindringen oder diese gar durchstoßen und kommen damit nicht an das Wasser und die Nährstoffe tieferer Bodenschichten heran. Ich habe kümmernde Rosen ausgegraben, deren Wurzeln über der verdichteten Schicht genau im rechten Winkel abbiegen mussten.
Januar 2014
Auch hat Sturm in unserem Garten Bäume umgedrückt, die nur in der oberen lockeren Erdschicht wurzeln konnten und so nicht genügend Halt fanden.
Die Erde über verdichtetem Untergrund vernäßt bei Regen sehr schnell und trocknet andererseits bei Trockenheit zu schnell wieder aus. Der Grund: Wasser kann nicht in die verdichtete Schicht eindringen und versickern. Auf landwirtschaftlichen Flächen entstehen rasch Ab- und Überschwemmungen. Im verdichteten Boden fehlen vor allem die als Drainage wirkenden Röhren der senkrecht bohrenden Wurmarten. Bei Trockenheit dagegen steigt von unten kein Tiefenwasser auf, die obere Bodenschicht trocknet deshalb zu rasch aus. Auch der wichtige Gaseaustausch zwischen oberen und tieferen Bodenschichten ist unterbrochen. Auf ihn sind aber alle Pflanzen angewiesen. In den luftarmen, verdichteten Schichten gibt es sehr wenige Bodenorganismen, Verrottung und Humusbildung unterbleibt, so werden keine Nährstoffe gebildet oder freigesetzt. In unserem ersten Villinger Garten war der blaugraue klebrige Bauaushub über den umgebenden Waldboden geschoben und festgewalzt worden, ca 1965. Als ich dort ab 1980 Beete anlegte, kam in einer Tiefe zwischen ca 20 bis 70 cm weiß verschimmelter Waldboden zutage, knochentrocken, Fichtennadeln, Tannenzapfen und Zweige noch unzersetzt. Der Oberboden aber blieb in diesem schattigen Garten das ganze Jahr über sehr naß. Daran sieht man, dass die Bodenverdichtung auch die ständige und dringend nötige Auffüllung des Grundwassers verhindert. So ähnlich sieht es in tausenden Grundstücken aus, die ab ca 1960 mit Hilfe schwerer Maschinen bebaut wurden.
Auf solchen Flächen kümmern vor allem die Rosen. Dagegen wird dann meistens mit chemischen Mitteln gegen Pilzkrankheiten und Schädlinge gespritzt und mit mineralischen Düngern das Wachstum gepuscht. Nach kurzen Anfangserfolgen vergrößert das auf längere Sicht aber die Misere, denn die Giftstoffe der Spritzmittel und die mineralischen Düngersalze behindern die Bodenorganismen, statt diese zu fördern. So kommt es zu einer Verarmung des Bodenlebens. Besser ist es, das Bodenleben zu fördern, indem man mit organischen Düngern wie Hornspäne, Rinderdung oder Mulchkompost die Bodenorganismen füttert und dadurch ihre Arbeit unterstützt, das heißt: nicht die Pflanzen düngen, sondern diese Bodenorganismen füttern, so wie das dem natürlichen Wachsen und Vergehen im Wald entspricht. Unter einer Mulchschicht entwickelt sich rasch ein ausgewogenes Bodenleben, das die organischen Bestandteile in gesunde Pflanzennahrung umsetzt. Leider aber kann nach meiner Erfahrung auch das aktivste Bodenleben schwere Verdichtungen nicht auflösen, weil dort seine Lebensbedingungen nicht gegeben sind.
Die verschiedenen Bodenorganismen benötigen unterschiedlich viel Sauerstoff. Dieser nimmt in jedem Boden mit zunehmender Tiefe ab und so siedelt sich natürlich jede Art in der ihr genehmen Bodentiefe an. Mit dem Umgraben der Beete, also dem Wenden der Erdschollen, stellen wir leider die bewährte, gewachsene Ordnung im Boden auf den Kopf! Was sich wohlfühlte in 30 cm Tiefe, sieht sich plötzlich den Sonnenstrahlen ausgesetzt und was oben am Licht prächtig arbeitete, wird ins Dunkel gestürzt. In beiden Fällen werden viele
Januar 2014
Organismen absterben. Das braucht längere Zeit, bis dieser Schock überwunden ist. Da ist die Arbeit mit der Grabegabel oder mit der Rosengabel viel erfolgreicher. Die Schollen werden nicht gestürzt, sondern nur gelockert, damit Luft, Wasser und im Winter Frost eindringen können. Es wird keine gewachsene Ordnung zerstört. Ein Gartenboden voller Leben und gesunde Pflanzen werden es Ihnen danken!
Nun ergibt sich sofort die Frage: Was kann man gegen bestehende Bodenverdichtung tun, wie diese beseitigen oder unwirksam machen? Meine Antwort wird Sie leider enttäuschen, denn die einzige mir bekannte wirkungsvolle und in der Praxis durchführbare Maßnahme ist - im bereits bepflanzten Garten - das mühevolle Aufgraben des verdichteten Bodens. Dazu braucht es große Körperkraft und Ausdauer. Denn in stark verdichtetem, bindigem Boden wird man mit Spaten oder anderem schwerem Gartengerät nur millimeterweise vorankommen. Sobald sich Spaten oder Grabegabel mit kräftigem Schwung ca 2 cm tief einstechen lassen, ist die Verdichtung überwunden und noch tiefere Lockerung unnötig. Eine gute Testmethode ist, in das aufgegrabene Erdloch einen Eimer Wasser zu schütten. Ist dieses über Nacht versickert, besteht keine gefährliche Verdichtung. Aber das muß man prüfen, ehe man Rosen pflanzt. Die oberste Bodenschicht von 25 bis 30 cm, ein Spatenstich, ist in jedem Garten schön locker. Legen Sie diese nach links, die zweite Schicht nach rechts und versuchen Sie dann, den Spaten einzudrücken, indem Sie mit beiden Beinen auf dem Spatenblatt stehen und etwas schaukeln. Geht er langsam tiefer, ist alles in Ordnung. Wenn es sich anfühlt, als würden Sie auf Beton graben, müssen Sie auf Rosenpflanzung an dieser Stelle verzichten - oder mühselig durchgraben! Glücklicherweise lassen sich nicht alle Böden so steinhart verdichten. Je sandiger und damit leichter ein Boden ist, desto weniger lässt er sich verdichten. Als Trost mag auch die Erkenntnis dienen, dass keineswegs die ganze Verdichtung großflächig aufgegraben werden muß. Es genügen einige Stellen im Abstand von ca. 2 Metern, denn dann kann dort der oben beschriebene Wasser- und Gaseaustausch wieder in Gang kommen, die Verdichtung kann so ganz allmählich abgebaut werden und die Rosenwurzeln finden diese Lücken und wachsen in die Tiefe. Meist ist die Verdichtung auch nicht im ganzen Garten gleich schlimm, weil die Fahrzeuge ja hauptsächlich bestimmte Routen fahren.
Möglicherweise könnten mit einem motorbetriebenen Erdbohrer Verdichtungen durchlöchert werden. Ob das geht, weiß ich nicht, einen Versuch wäre es wert.
Solange das Grundstück noch nicht bepflanzt ist, kann ein kleiner Bagger oder eine Planierraupe mit „Sauzahn“ rasch und preiswert die verdichteten Stellen grob
aufreißen.
Nach dem Aufgraben sollten Sie die Erde wieder in der alten Schichtung einbringen, was unten war wieder nach unten und umgekehrt. Sehr schweren Boden würde ich dabei mit ein Drittel Sand mischen und in der oberen Schicht reichlich Kompost beigeben So geben Sie dem Bodenleben die Möglichkeit für einen guten Neustart. Oben drauf eine Schicht Mulchmaterial, also Laub, Mulchkompost, Mist oder Rindenhumus, aber nicht unbehandelte Holzhäcksel,. Darunter bleibt die Erde feucht und unsere Helfer können nun bei ausreichender Bodenfeuchte so richtig loslegen. Bald werden Sie sich an üppigen, gesunden und schädlingsfreien Pflanzen erfreuen können.
Erwin Kuhn